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Ziel dieses Projekts war es Latein als Wissenschaftssprache von der Antike bis zu seiner Ende in dieser Rolle im 18./19. Jh. zu verfolgen. Nach einer semantischen Untersuchung, was "Wissenschaft" (ἐπιστήμη, disciplina, scientia, ars ...) in den Alten Sprachen bedeutete, wurde ein genereller Abriss der Entwicklung versucht. Danach die Sprache lateinisch-sprachiger Wissenschaft untersucht. Dazu wurden verschiedene linguistische Untersuchungen unternommen, die zum Teil in eigenen Publikationen endeten.
Ein erstes solches Teilprojekt beschäftigte sich mit der Sprache der Aristoteles-Übersetzungen. Anhand eines Vergleichs von neun Übersetzungen der Physik des Aristoteles (12.- 19. Jh.) wurde die sprachliche Entwicklung verfolgt und grundlegende Probleme der lateinischen Sprache solchen aristotelischen Inhalt wiederzugeben erörtert. Dieses Projekt wurde auf der internationalen Mittellateinertagung in Benevento und in Uppsala vorgestellt.
Ein weiteres Projekt studierte die Wortbildung bei Thomas von Aquin, es wurde auf der Tagung "Fachsprache(n) im mittelalterlichen Latein" in München vorgestellt. Im FS2011 hielt ich eine Überblicks-Lehrveranstaltung, die die Entwicklung diachron verfolgte.
Im Jahre 2015 sprach ich in Rom am finnischen Institut zum Thema "How to Translate Scientific Thought? Euclid’s Elements in contrast to Aristotle" am Kongress “Translation and Transmission in the Eastern Mediterranean 500 BC–1500 AD” (Organisation Tuomas Heikkilä und Jaakko Hämeen-Anttila), sowie in Greifswald am Kongress “Deutsch als Wissenschaftssprache” (organisiert von Michael Prinz und Jürgen Schiewe) zum Thema "Zur Eignung des Latein als Wissenschaftssprache".
2016 in Würzburg am Kongress "Geschichte der Fach- und Wissenschaftssprachen, Identität, Differenz, Transfer" über "Unterschiedliche Ansätze in Antike, Mittelalter und Neuzeit bei der lateinischen Benennung neuer wissenschaftlicher Phänomene" (Organisation Wolf Peter Klein und Sven Staffeldt).
In dieser Zeit beschäftigte ich mich mit dem Aufbau des Corpus Corporum, eines freien, linguistisch nutzbaren Latein-Metacorpus, welches für weitere linguistische Studien im Umfeld des Themas eingesetzt wird. Insbesondere sollen grammatische Parameter gefunden werden, die wissenschaftliche Latein von anderem Latein unterscheiden. Dazu werden die Texte in Corpus Corporum automatisch lemmatisiert und PoS getaggt. Wissenschaftliche Texte können mittels PCA unter sich gruppiert werden. Die markantesten Unterschiede zu normaler lateinischer Prosa zeigen sich bei scholastischen und mathematischen Texten. Seit Ende 2021 ist eine verbesserte Version von Corpus Corporum online.
Die Erkenntnisse können mit jenen, die für wissenschaftliches Englisch und Deutsch bereits bekannt sind, verglichen werden. So kommt z.B. die 1. Person Singular auch im Latein in wissenschaftlichen Texten meist seltener vor, Passivkonstruktionen häufiger. Ein deutliche Vorliebe für Nomina kommt im Latein hingegen noch nicht vor.
Das Projekt wurde mit einer Monographie zum Thema 2021 abgeschlossen. Sie wurde in der Reihe Lingua academica bei De Gruyter (ediert von Wolf Peter Klein, Michael Prinz und Jürgen Schiewe) publiziert und ist dank einem großzügigen Beitrag des SNF frei als PDF erhältlich.