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Dieses Forschungsprojekt untersucht die Kommentare der Kirchenrechtsgelehrten des 12. und beginnenden 13. Jahrhundert über den Problemfall der Bestattung des reumütigen Gehenkten. Einerseits verurteilter Verbrecher, andererseits reumütiger Büsser, stellte sich bezüglich seiner Bestattung die Frage nach dem Seelenheil – denn lediglich wer als Gerechter in den Himmel Eingang fand, hatte auch Anspruch auf eine christliche Beisetzung und Memoria. Um zu bestimmen, wohin die Seele des bussfertigen Hingerichteten entwich, mussten sich die Juristen der Zeit an dieser Stelle Gedanken sowohl über das Wesen als auch über Sinn und Zweck von Strafe und Busse ausführen. Das Ziel dieses Forschungsprojekts ist es, das Aufkommen der expliziten Unterscheidung von ‹Busse› und ‹Strafe› im akademischen Diskurs der Zeit zwischen 1140 und 1215 zu untersuchen. Dieser Zeitraum stellt in der Entstehung des modernen Strafrechts einen entscheidenden Wendepunkt dar, doch konnte ihn die bisherige Forschung nicht gebührend würdigen, weil es an Editionen theologischer und kanonistischer Texte mangelt. Die kanonistischen Texte stehen nun im Zentrum dieser Forschungsarbeit, namentlich die Kommentare zum Decretum Gratiani. Der Grossteil dieser Kommentare ist bisher unediert und muss durch philologische Arbeiten erst erschlossen werden. Damit soll durch diese Arbeit ein Beitrag zur Mentalitäts-, vor allem aber zur Strafrechtsgeschichte des Hochmittelalters geleistet werden.